Newsletter Mai 2024

Emotionale Intelligenz in der Führung – Lässt es die Führungskraft schwach und verletzlich wirken?

Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die wir in unseren Trainings für Führungskräfte anbieten, ist das Führen mit Emotionaler Intelligenz (EI). Der typische Teilnehmer an diesem Training verfügt über jahrelange Führungserfahrung und hat im Laufe der Jahre an mehreren Fortbildungen zum Thema Führung teilgenommen. Ich habe noch nie eine Führungskraft getroffen, die noch nichts von emotionaler Intelligenz gehört hat. Tatsächlich scheinen alle Teilnehmer/innen wissend zu nicken, wenn sie den Begriff auf der Tagesordnung sehen. Ich habe allerdings noch nicht viele Personen getroffen, die auch wissen, wie sie die Emotionale Intelligenz bei der Arbeit effektiv einsetzen können. In diesem Artikel erfährst du mehr über die Vorteile und – ja, auch die Gefahren der emotionalen Intelligenz und bekommst ein paar Tipps, wie du sie effektiv im Job einsetzen kannst.

Was ist Emotionale Intelligenz in der Führung?

Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, die eigenen und auch die Gefühle und Emotionen von anderen wahrzunehmen und diese Informationen zu nutzen, um das eigene Denken und Handeln zu situativ anzupassen. Der Schlüssel dazu ist das Wort “wahrnehmen” – es geht nicht um Bewertung der eigenen Gefühlen oder denen meines Gegenübers, sondern einfach zu erkennen, dass sie da sind.

Wie wirkt sich Emotionale Intelligenz in der Führung aus?

Studien zeigen, dass Führungskräfte, die mit emotionaler Intelligenz führen, besser in der Lage sind:

  • Stärkere Beziehungen aufzubauen
  • Konflikte schneller zu lösen
  • die Motivation und das Engagement des Teams zu steigern
  • in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit anpassungsfähiger und flexibler zu sein
  • bessere Entscheidungen zu treffen
  • Ihre eigene psychologische Widerstandsfähigkeit zu fördern
  • das Wohlbefinden (=Glück) der Mitarbeiter zu steigern

Wirken Führungskräfte, die Emotionale Intelligenz nutzen, schwach und verletzlich?

Ganz und gar nicht. Im Gegenteil – sie bauen Vertrauen, tiefere Verbindungen und Loyalität zu ihren Mitarbeitern auf.

Welche Gefahren birgt Emotionale Intelligenz in der Führung?

Studien deuten darauf hin, dass Führungskräfte, die mit emotionaler Intelligenz führen, anfälliger für emotionale Erschöpfung und Burnout sind, wenn sie die Grenze vom Wahrnehmen zum tatsächlichen Nachempfinden der Gefühle anderer zu oft überschreiten. In solchen Fällen werden Führungskräfte ermutigt, Grenzen zu setzen und sich selbst und die eigenen Bedürfnisse wieder mehr Raum zu geben.

Außerdem kann es schwierig sein, kritisches oder auch mal negatives Feedback zu geben, wenn man ständig mit den Gefühlen konfrontiert ist.

Es gibt einen klaren Unterschied zwischen mitfühlen und mitleiden: Während mitfühlen bedeutet, dass ich die Emotionen des Anderen wahrnehme, anerkenne und auch verstehe, bedeutet mitleiden, dass ich selbst die Emotionen, wie z.B. Wut und Trauer in mir aufsteigen fühle.

Wenn Führungskräfte die Emotionen anderer fühlen (anstatt sie nur zu beobachten), kann es passieren, dass sie durch das Mitleid (also das Spüren dieser Emotionen am eigenen Leib) mit bestimmten Mitarbeitern entwickeln und schwieriges, aber notwendiges kritisches Feedback vermeiden. Mit anderen Worten: Der Elefant im Raum wird immer größer und zertrampelt schließlich die Moral und Motivation des gesamten Teams. In diesem Fall kann ein Training in gewaltfreier Kommunikation die berufliche Entwicklung dieser Führungskraft unterstützen.

Wie kann eine Führungskraft Emotionale Intelligenz im Job einsetzen?

Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die unter den Begriff Emotionale Intelligenz fallen, ist die Fähigkeit, die Gefühle einer anderen Person zu anzuerkennen. Das bedeutet nicht, dass du die emotionale Reaktion der anderen Person für gerechtfertigt oder logisch hältst. Stattdessen zeigst du, dass du verstehst, was die andere Person fühlt, ohne zu versuchen, es ihr auszureden oder sie dafür zu verurteilen.

Wenn die emotionalen Erfahrung einer Person abgelehnt, ignoriert oder verurteilt werden, dann führt dies häufig auch zu einer Reduzierung des Selbstwertes dieser Person.

Hier sind ein paar Beispiele für beides:

Bestätigende Aussagen

Abwertende Aussagen

“Ich kann verstehen, dass du dich so fühlst.”“Was ist denn so schlimm daran?”
“Ich verstehe, dass du verletzt bist.”“Du bist zu sensibel.”
“Wie frustrierend!”„Du solltest dich glücklich schätzen. Ich habe schon viel schlimmere Situationen erlebt.”
“Danke, dass du mir mitgeteilt hast, wie du dich fühlst.”“Finde dich damit ab.”
“Das klingt sehr frustrierend/überwältigend/schwierig.”“Und? Denkst du, mein Job ist einfach?”

Wähle ein oder zwei bestätigende Aussagen aus, die sich für dich am besten anfühlen und die du in deinen Mitarbeitergesprächen anwenden kannst.

Wenn du wirklich nicht verstehst, warum ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin sich auf eine bestimmte Weise fühlt, dann behaupte auf keinen Fall, dass du es verstehst. Wichtig ist es hierbei auch authentisch und ehrlich zu bleiben.

Meine persönlichen Favoriten sind die letzten beiden auf der  grünen  Liste.
Sie helfen mir, sichere Grenzen zu ziehen und gleichzeitig die Gefühle des Mitarbeiters anzuerkennen und zu würdigen.

Achtung! Zwei Fallstricke, die du als Führungskraft vermeiden solltest:

#1 Führungskräfte sind sehr gut darin, Probleme zu lösen und lösungsorientiert zu denken. Bei der Emotionalen Intelligenz in der Führung muss dies jedoch zurückgestellt werden. Führungspersönlichkeiten neigen dazu, in die Rolle des Ratgebers zu schlüpfen: “Wenn ich du wäre, würde ich….” oder: “Hast du es mit …. versucht?” Du bist nicht in der Rolle des Ratgebers oder Beraters. Es geht ausschließlich darum, dass du ihre Offenheit, dir ihre Gefühle mitzuteilen, wertschätzt, aber die Verantwortung für ihre Gefühle bei ihnen lässt und sie nicht übernimmst. Du bist nicht für ihre Gefühle verantwortlich, was zum zweiten Fallstrick führt.

#2 Hör auf, dich zu entschuldigen, wenn Menschen dir ihre Gefühle mitteilen. Viele Menschen neigen dazu, zu sagen: “Es tut mir so leid” oder “Es tut mir leid, dass du dich so fühlst.” Auch hier steckt das Mitleid drin, was auch wiederum die eigenen Emotionen triggert. Bitte entschuldige dich nicht für ihre Gefühle. Hebe dir deine aufrichtige Entschuldigung für Dinge auf, die du falsch gemacht hast oder die du hättest verhindern können. Zum Beispiel: “Ich entschuldige mich dafür, dass nicht du in dem E-Mail-Verteiler warst. Es wäre bestimmt einfacher gewesen, wenn du diese Information rechtzeitig erhalten hättest. Ich werde dafür sorgen, dass du in zukünftigen Mails zu diesem Thema mit einbezogen wirst.” NICHT: “Es tut mir leid, dass du frustriert bist.”

Emotionale Intelligenz kann im Rahmen eines Workshops, eines Coachings, oder eines Führungsentwicklungsprogramms trainiert und geübt werden. Es gibt sehr hilfreiche praktische Übungen, mit denen du Validierung üben und erfahren kannst, wie es sich anfühlt, wenn deine Gefühle nicht wahrgenommen werden.

Validierung ist ein Aspekt von Emotionaler Intelligenz in der Führung, über den ich dir gerne in einem Gespräch zur Bedarfsanalyse für dich oder dein Team mehr erzählen würde. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest und wissen willst, wie du es in deinem Führungsteam umsetzen kannst, nimm bitte Kontakt mit mir auf.

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